In seiner Begrüßungsansprache erinnerte Rieker – im sonstigen Berufsleben verantwortlich für Großprojekte bei Wayss & Freytag – die Anwesenden zunächst an die Entstehungsgeschichte des DAUB. Bereits 1970 hatte die OECD festgestellt, dass weltweit der Bau von Verkehrstunneln rasant zunahm und daher beschlossen, eine internationale Zusammenarbeit im Tunnelbau und die Entwicklung dringend benötigter gemeinsamer Regeln zu fördern. Den Mitgliedsländern empfahl sie, im jeweils eigenen Land eine zentrale Stelle für Tunnelbau zu schaffen und so eine fruchtbare internationale Zusammenarbeit zu ermöglichen. Das war der Auslöser für die Gründung des DAUB, der im Dezember 1972 seine konstituierende erste Sitzung in Bonn abhielt.
Seitdem sammelt und verbreitet der DAUB technische Informationen über unterirdisches Bauen und arbeitet national wie international bei der Aufstellung von Gesetzen, Normen, Richtlinien und Sicherheitsvorschriften mit. All das tut der DAUB sehr erfolgreich, aber eher im Hintergrund als auf der großen politischen Bühne. Sichtbare Ergebnisse seiner Arbeit sind vor allem die DAUB-Empfehlungen zu Technik, Sicherheit und Vertragswesen, von denen mittlerweile 34 veröffentlicht wurden und kostenlos von der Homepage des DAUB heruntergeladen werden können. So sind alleine in den letzten drei Jahren Empfehlungen zu so unterschiedlichen Themen wie BIM, Projektrisikomanagement, Lebenszykluskostenermittlung, Auswahl von Tunnelbohrmaschinen oder ein Leitfaden für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Untertagebaustellen veröffentlicht worden. DAUB-Empfehlungen gelten in der gesamten Branche als Regel der Technik und werden von Behörden und Bauherren, der Wissenschaft und Planung sowie der Wirtschaft gleichermaßen akzeptiert und genutzt. Dass dem so ist, liegt auch an der Zusammensetzung des DAUB, denn alle Interessensgruppen sind paritätisch im DAUB vertreten
Zum Ende seiner Einführungsrede erinnerte Klaus Rieker die Gäste daran, dass die Feier nicht nur dazu da sei, zurückzublicken, sondern vielmehr den Blick nach vorne zu richten. Zur Aufrechterhaltung der Mobilität, so der DAUB-Vorsitzer, bedürfe es auch künftig intensiver Anstrengungen für den Ausbau und die Erhaltung bestehender Infrastrukturen. Denn gut geplante Tunnel vermeiden Staus, reduzieren Fahrstrecken und tragen so nachhaltig zum Klimaschutz bei. Unterirdische Bauten werden weiterhin zentrale Aufgaben bei der Klimafolgenbewältigung einnehmen, zeigte sich Rieker sicher: „Unterirdische Bauwerke können zur sicheren Wasser- und Stromversorgung beitragen, als Stauräume für außergewöhnliche Regenereignisse dienen und eine funktionierende Abwasserableitung ermöglichen.“
Damit war es Zeit für den ersten von zwei schon im Vorfeld angekündigten „Impulsgebern“. Seine erst wenige Monate alte Präsidentschaft hat der amtierende ITA-Präsident Arnold Dix gänzlich dem Thema Nachhaltigkeit gewidmet. „Wir haben eine klare Aufgabe für die kommenden Jahre“, begrüßte Arnold Dix die anwesende Festgemeinde. „Gewährleistung von Gesundheit, Wohlstand, Lebensqualität, Wohlbefinden und Sicherheit für alle Menschen und unseren Planeten: Dafür müssen auch wir als Tunnelbranche die Herausforderungen des Klimanotstands annehmen und den eigenen CO2-Fußabdruck unserer Branche deutlich verringern: „Wir als ITA müssen zum Beispiel die Beton- und Zementindustrie bei der Entwicklung emissionsarmer Baulösungen unterstützen und Innovationen bei Planung, Bau, Betrieb und Sanierung der unterirdischen Infrastruktur fördern.“
Nach der Rede von Arnold Dix gehörte das Mikrofon einer nicht weniger interessanten Person. Der erst im August 2022 zum Vorstandsvorsitzenden der DB Netz AG gewählte Dr. Philipp Nagl informierte die Gäste als Verantwortlicher für die Infrastruktur über die aktuellen Pläne der DB. Er bringt auch Erfahrungen aus Österreich mit, denn von 2011 bis 2014 war Philipp Nagl bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) als Leiter der Geschäftsentwicklung für den Bereich Personenverkehr tätig. Er ist überzeugt, dass ein schneller, zuverlässiger und auch umweltfreundlicher Schienenverkehr nur über einen höheren Tunnelanteil gelingen kann.
In seiner Rede ging er weit zurück in der Geschichte des Eisenbahnbaus und erinnerte an den Bau der Semmeringbahn im Jahr 1848, die als erste normalspurige Gebirgsbahn Europas 1854 eröffnet wurde. Für eine Luftlinie von 21 km wurde damals eine Strecke von 42 km gebaut. Heutzutage, so Nagl, seien – gerade im Transeuropäischen Eisenbahnnetz – effiziente Hochgeschwindigkeitsstrecken notwendig, die ohne Tunnel nicht denkbar sind. Als Beispiel führte er das 512 km lange Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8 an, das einen Tunnelanteil von 29 % aufweist und beispielsweise im über 1 Kilometer langen Tunnel Masserberg eine Reisegeschwindigkeit von bis zu bis zu 300 km/h ermöglicht.
Damit waren die Reden der beiden „Impulsgeber“ gehalten und der DAUB-Vorsitzende Rieker bat die Gäste zum gemeinsamen Abendessen. Nach der Vorspeise ergriff ein ganz besonderer Überraschungsgast das Mikrofon. Der mittlerweile 88-jährige Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. e. h. Günter Girnau, Gründungsvater des DAUB, selbst ehemaliger ITA-Präsident und jahrzehntelanger Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender der STUVA entführte mit einer mitreißenden, freien Rede alle Anwesenden in die frühen Jahre des DAUB, und damit in die allgemeine Tunnelbegeisterung Anfang der 1970er Jahre: „Zu meiner Zeit war die Einstellung zum Tunnelbau eine ganz andere als heute – und zwar sowohl bei den Ausführenden wie bei den Bürgern. In nicht weniger als 17 deutschen Städten wurden zu gleicher Zeit Verkehrstunnel gebaut. Wer eine einigermaßen vernünftige Planung vorlegen konnte und am lautesten ‚Hier‘ schrie, bekam den Zuschlag.“
Dass heute Tunnelgegner den Bau von Tunneln aufgrund des CO2-Ausstoßes während der Bautätigkeiten verhindern wollen, lässt Girnau nicht gelten: „Wir wollten die Oberfläche in den Städten so weitgehend wie möglich an die Bürger zurückgeben – für Fußgängerzonen, Parks und Wohnbebauung, jedoch ohne das Auto vollständig zu verdrängen, weil das nämlich die städtische Wirtschaft schädigen würde. Genau deshalb versuchten wir die Verkehrserschließung der Stadt so weit wie möglich in die unterirdische Ebene zu verlagern. Dafür bauten wir Tunnel, und wir waren der Meinung: Wenn durch diese Tunnel dann über 100 Jahre lang elektrische angetriebene Bahnen völlig abgasfrei fahren und täglich hunderttausende Menschen transportieren (die alle auf das Auto verzichten), dann ist dies nicht nur umweltfreundlich, sondern auch Klimaschutz.“
Dem künftig immer umweltschonenderen Tunnelbau jedenfalls, da waren sich alle Gäste sicher, steht eine großartige Zukunft bevor. Und dem DAUB werden die wichtigen Themen so schnell nicht ausgehen. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwusch zum 50. Geburtstag, lieber DAUB!