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Tunnel Deschlberg, B20

1. Allgemeines

1.1 Aufgabenstellung

Im Zuge des Ausbaues der B 20 zwischen Cham und der Landesgrenze zu Tschechien wurde im Bereich Furth im Wald der Bau einer Ortsumfahrung wegen erheblicher Zunähme des Durchgangsverkehrs erforderlich. Laut Prognose für das Jahr 2020 wird hier eine Verkehrsbelastung von 14.000 Kfz/24 h erwartet. Die 4,3 km lange Ortsumfahrung beginnt von Cham her kommend an der bestehenden Anschlussstelle Furth im Wald-Ponnholz mit dem Bau der 275 m langen Talbrücke über das Chambtal. Im Anschluss verläuft die Trasse unter dem Deschlberg in einem bergmännisch gebauten Tunnel. Im Bereich der Anschlussstelle Furth im Wald-Mitte entsteht die Anbindung der neuen Staatsstraßen-Querspange an die Ortsumgehung. Im weiteren Verlauf nach Norden quert die neue Bundesstraße die „Eschlkamer Straße" und den Chamb in einer überdeckten Tieflage. Anschließend verläuft die Trasse in der Chambtalaue in einer leichten Dammlage bevor sie zur Bahnlinie hin ansteigt und diese in einem tiefen Einschnitt kreuzt. Am nördlichen Bauende verknüpft die Anschlussstelle Furth im Wald-Nord die Ortsumgehung mit der Vollmauer Straße und der Böhmer Straße. Der Tunnel Deschlberg ist das Schlüsselbauwerk der Ortsumgehung Furth im Wald. Die Ausführung wurde als einröhriger Straßentunnel mit zwei Fahrstreifen und einem parallel verlaufenden Rettungsstollen vorgesehen Zur Verbindung der Hauptröhre mit den Rettungsstellen wurden zwei begehbare Querschlage angeordnet. Am Ostportal wurde der Standort für die Betriebszentrale festgelegt.

2. Bauwerksentwurf

2.1 Geologie und Gründung

Die geologischen Verhältnisse entlang der Tunneltrasse werden charakterisiert durch eine monotone Abfolge von hellen geschieferten Gneisen. Das Gebirgsverhalten beim Vortrieb wurde im Kernbereich als überwiegend standsicher bis nachbrüchig eingestuft. Aufgrund der geringen Durchlässigkeit der Gneisschichten im Bereich des Tunnelniveaus wurde davon ausgegangen, dass die versickernden Niederschlagswässer größtenteils entlang der kompakten Gneisschicht am Deschlberg abfließen. Der Tunnel Deschlberg liegt über weite Bereiche unterhalb des Bergwasserspiegels. Da aus statischen Gründen kein Sohlschluss notwendig und der prognostizierte Wasserandrang sehr gering ist, wurden der Tunnel sowie der Rettungsstollen als drainierter Tunnel mit einer Abdichtung mittels Kunststoffdichtungsbahn ausgebildet. Aufgrund der guten Gründungseigenschaften des anstehenden Bodens wurden die Tunnelsohle und die Bankette flach gegründet.

2.2 Lage und Querschnitt

Mit einer Gesamtlänge von 745 m durchfährt der Tunnel den Deschlberg nördlich von Grasmannsdorf. Die maximale Überdeckung im anstehenden Gneiszersatzgebirge beträgt rund 45 m. Das Baufeld selbst wird von öffentlichen Verkehrswegen weder gekreuzt, noch tangiert. Als Regelquerschnitt für die Hauptröhre wurde der RQ 10,5T entsprechend der RABT gewählt. Die Fahrbahnbreite beträgt 7,50 m zuzüglich der beidseitig angeordneten 1,0 m breiten Notgehwege. Der 2-streifige Haupttunnel ist über zwei Querschläge, die in den Drittelspunkten angeordnet sind, an den parallelen, begehbaren Rettungsstollen. mit einem Lichtraumprofil von 2,25 x 2,25 m angebunden. Die Trassierung der Hauptröhre im Grundriss verläuft beim Westportal in einem Linksbogen mit R=700 m und geht dann mit einer Klothoide mit A=300 m in die Gerade über. 79 m vor dem Tunnelende beginnt erneut eine Klothoide mit A=250 m die bis zum Ostportal führt. Die Gradiente vom Westportal bis zum Hochpunkt liegt in der Ausrundung der Kuppe und steigt im Schnitt mit 0,20% an. Ab dem Ausrundungsende nach 199 m vom Westportal bis zum Tunnelende verläuft die Gradiente mit einem konstanten Gefalle von 1,0%.

2.3 Bauwerksgestaltung

Das statische System besteht in Längsrichtung aus einem biegesteifen System mit Abschnittsfugen, in Querrichtung als biegesteifer Rahmen. An den beiden Portalen sind Rettungsplätze angeordnet, am Ostportal befindet sich das Betriebsgebäude mit dem Löschwasserbecken und einem Schadstoffbecken.

Entwässerungsanlagen

Für die Entwässerung unter der Fahrbahn im Bereich des Fahrstreifens Fahrtrichtung Cham dienen Längsleitungen mit Durchmesser 300 mm der Baustoffklasse A. Diese sind auf Betonauflager verlegt. Kontrollschächte befinden sich im Abstand von 50 m, die Schachtabdeckung entspricht Klasse D400, ist tagwasserdicht und verriegelbar. Am nördlichen Fahrbahnrand zur Fahrtrichtung Cham wurde die Entwässerungsrinne als Schlitzrinne mit Durchmesser 300 mm eingebaut. Als Sonderbauteile wurde ein Tauchwandschacht und eine Reinigungsrinne im Abstand von 50 m ergänzt, die Ableitung DN 200 aus Gusseisen erfolgt in Kontrollschächte. Die Entwässerung im Kämpferbereich auf beiden Seiten der Tunnelröhre zwischen Außen- und Innenschale erfolgt über eine Ulmendränage der Gebirgsentwässerung mit einem Leitungsdurchmesser von 200 mm. Die Dränageleitung ist in Filterbeton 16/32 verlegt. Reinigungsschächte befinden sich in Nischen im Abstand von 70 m, die Schachtabdeckung entspricht Klasse B125, ist tagwasserdicht, verriegelbar, klappbar,- öl- und benzinbeständig. Im Bereich der offenen Sohle parallel zur Sammelleitung der Entwässerung erfolgt die Entwässerung über eine Sohldränage der Gebirgsentwässerung mit einem Leitungsdurchmesser von 200 mm.

2.4 Tunnelausstattung

Zur sicheren Verkehrsführung, der Vermeidung kritischer Ereignisse, dem Schutz der Tunnelnutzer sowie der Unter- Stützung der Einsatzdienste bei der Hilfeleistung im Katastrophenfall wurde der Tunnel mit folgender Ausstattung nach der RABT ausgerüstet:

Tunnel Zentrale Anlagen / Energieversorgung

Das Betriebsgebäude Ost ist in den Voreinschnitt des Ostportals integriert. An das Betriebsgebäude sind das Lösch- Wasserbecken und die Druckerhöhungsanlage für die Löschwasserversorgung angebaut. Eine im Betriebsgebäude untergebrachte USV-Anlage versorgt sämtliche Sicherheitssysteme des Tunnels und des Betriebsgebäudes. Die Gesamte elektrische Leistung beträgt 400 KVA, die Ersatzstromversorgung mit 100 KVA erfolgt durch eine Batterieanlage.

Tunnelbeleuchtung

Die Beleuchtung im Bereich des West- und Ostportals erfolgt durch eine Gegenstrahlbeleuchtung

Tunnellüftung

Die Tunnellüftung im Regelbetrieb erfolgt natürlich, im Brandfall durch eine Halbquerlüftung durch den Rettungs- Stollen und die beiden Querschläge. Zur Erhaltung der Luftqualität und zur Brandlüftung im Tunnel sind 6 Strahlventilatoren als Axialventilatoren montiert. Zur Brandlüftung im Rettungsstollen sind vier Strahlventilatoren in Portalnähe montiert. Sie werden zur Längslüftung des Tunnels eingesetzt.

Tunnelsicherheit

Für die Tunnelsicherheit wurden fünf Notrufstationen im Abstand von 140 m, fünf Hydranten im Abstand von 140 m, zwei Querstollen im Abstand von 250 m und fünf Feuerlöschstationen im Abstand von 140 m angeordnet. Zusätzlich sind eine automatische Brandmeldeanlage, Videoüberwachung, Funk und Lautsprecheranlage vorhanden. 2 Löschwasserleitungen DN 150 befinden sich unter der Fahrbahn vor den Banketten. Zur Fluchtwegkennzeichnung wurden aktive Leiteinrichtungen eingebaut. Die Fluchtwegkennzeichnung erfolgt mit LED-Leuchten im Abstand von 20 m.

Verkehrstechnik

Der Tunnel ist mit einer verkehrstechnischen Grundausstattung nach RABT versehen. Die Verkehrsbeeinflussungsanläge besteht aus Lichtsignalanlagen, Gelb-Blinker, Wechselverkehrszeichen, Wechselwegweiser, Halbschranken, Höhentrolle vor dem Tunnel und Doppelinduktionsschleifen, Notruf- und Elektronischen, eine Notrufanlage und Fluchtwegkennzeichnungen. Die 24 h Überwachung erfolgt entweder über der Verkehrsrechnerzentrale München-Freimann oder in Nürnberg- Fischbach.

3. Bauausführung

Der Baubeginn für die Ortsumfahrung Furth im Wald erfolgte mit dem Spatenstich am 30.10.2007. Die Bauarbeiten am Tunnel selbst haben am 09.12.2009 mit dem Tunnelanschlag begonnen. Der Tunnel wurde in der Spritzbetonbauweise hergestellt. Dabei wurde zunächst der Hohlraum im Sprengvortrieb ausgebrochen und temporär je nach den angetroffenen Gebirgsverhältnissen mit einem kombinierten System aus Spritzbeton, Ankern und Stahlbögen gesichert. Anschließend wurde das Abdichtungssystem aufgebracht und die Ortbeton-Innenschale hergestellt. Der Ausbruch des Haupttunnels erfolgte als Teilausbruch. Zunächst wurde obere Bereich des Tunnelquerschnitts, die Kalotte vorgetrieben, nachlaufend dann die Strosse und Sohle. Der Rettungsstellen wurde im Vollausbruch hergestellt. Aus dem Tunnel wurden rund 100.000 m3 Felsgestein ausgebrochen, das für den Straßenbau wiederverwendet wurde.

Mit Fertigstellung des Deschlbergtunnels erfolgte am 19.03.2012 die Verkehrsfreigabe des ersten Bauabschnittes von der Anschlussstelle Furth im Wald-Süd bis zur Anschlussstelle Furth im Wald-Mitte. Die Gesamtmaßnahme wurde im September 2013 abgeschlossen. 

 

 

  • Region: Fürth, Freistaat Bayern
  • Tunnelnutzung: Straße
  • Bauherr: Freistaat Bayern vertr. durch Staatliches Bauamt Regensburg
  • Planer: Staatliches Bauamt Regensburg; Müller-Hereth, Freilassing, iC-Consulenten, Salzburg
  • Bauausführung: Jäger Bau GmbH, Schruns
  • Gesamtlänge: 745 m (Haupttunnel), 739 m (Rettungsstollen)
  • Lichtraumprofil: RQ 10,5T
  • Kosten: 25,7 Mio. Euro (Rohbau), 5 Mio. € (BTA)
  • Bauzeit: 12/2009 bis 03/2012