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Tunnel Hahnenkamp, BAB A30

1 Allgemeines

1.1 Aufgabenstellung

Die nördliche Autobahnumgehung von Bad Oeynhausen schließt eine Lücke im Fernstraßennetz der BAB A 30/A 2 zwischen dem AK Löhne und der AS Rehme und entlastet somit den innerstädtischen Verkehr auf der B 61 in Bad Oeynhausen (bis zu 50.000 Kfz/d). Das Teilstück komplettiert die Ost-West-Achse von den Niederlanden nach Berlin. Die 9,S km lange Umgehungsstrecke wurde in vier Bauabschnitten hergestellt und beinhaltet 26 Brücken sowie im Anschluss an den Bauabschnitt 2 den Tunnel Hahnenkamp. Die Errichtung des Tunnels wurde zur Gewährleistung des Lärmschutzes für den Stadtteil Hahnenkamp erforderlich.

1.2 Straßenplanung

Die Trasse im Bereich des Tunnelbauwerks und der beidseitig anschließenden Trogbauwerke liegt in einem Grünkorridor des Stadtteils Hahnenkamp und unterführt die Dehmer Straße (B 61alt) und eine Ortsstraße. Das Gelände verläuft in einem natürlichen Gefälle von Nord nach Süd. An den Trog Süd schließt sich direkt die Brücke über die Werre an. Die Achse verläuft von Norden nach Süden zunächst in einer Wendeklothoide mit den Parametern A = 320 und A = 467 und liegt im weiteren Tunnelverlauf in einem Linksbogen mit einem Radius von R = 1400 m. Im Längsschnitt liegt das nördliche Trogbauwerk in einer Kuppenausrundung, die Gradiente geht dort Richtung Süden von 0,4S %Steigung in 2,8 % Gefälle über. Das südliche Trogbauwerk liegt in einer Wannenausrundung der Gradiente im Wechsel von 2,8% Gefälle auf 0,585 %Steigung. Im Tunnelbereich wurde nach den Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln der Straßenquerschnitt RQ 26 t ausgeführt. Die beiden Tunnelzellen beinhalten je zwei Fahrstreifen mit einer Breite von 350 m, 0,50 m breite Randstreifen sowie beidseitige 1,00 m breite Notgehwege. Es ergibt sich so eine minimale lichte Weite jeder Tunnelzelle von 10,00 m. Durch die mit 4,70 m festgelegte Höhe des Lichtraumprofils und einem erweiterten Freiraum für Einbauten beträgt die Gesamthöhe zwischen der Fahrbahn und der Tunneldecke 5,14 m. Für die Tröge ist der Straßenquerschnitt RQ 26 T maßgebend. Beide Trogzellen beinhalten zwei Fahrstreifen mit einer Breite von je 3,50 m, 0,50 m breite Randstreifen sowie einen Seitenstreifen von je 2,00 m und beidseitigen Notgehwegen von je 1,00 m Breite. Es ergibt sich so eine minimale lichte Weite jeder Trogzelle von 12,00 m. Die Fahrbahnen werden mit einem zwischen 2,5 % und 3,0% wechselnden Quergefälle ausgebildet.

1.3 Bauwerksgestaltung

Entsprechend der Randbedingungen aus der Straßenplanung und aus dem Bodengutachten wurde ein zweizelliges Trog-/Tunnelbauwerk als wasserundurchlässige Betonkonstruktion nach der ZTV-ING, Teil 2 gewählt. Das Bauwerk ist flach gegründet, die Bauteilstärken wurden nach statisch-konstruktiven Erfordernissen, insbesondere aber nach den Erfordernissen der Auftriebssicherung festgelegt. Der Tunnelabschnitt hat zusätzlich eine etwa 1,00 m hohe Überschüttung zur Gewährleistung der Auftriebssicherung erhalten. Mit dieser Überschüttung kann die erforderliche Sicherheit gegenüber Auftrieb für den Endzustand sichergestellt werden. Für vorübergehende Bauzustände (z. B. Abgrabungen über dem Tunnel) wird die Auftriebssicherheit allein über das Eigengewicht der Konstruktion gewährleistet. Die Länge des Tunnelabschnittes beträgt 450 m. Die Festlegung der Troglängen erfolgte nach dem Kriterium, dass an den Trogenden der Bemessungswasserstand 1,00 munter Gradiente liegen soll. Daraus ergaben sich die Länge des nördlichen Troges mit 178 m und die Länge des südlichen Troges mit 138 m. Die Oberkanten der Trogwände liegen wiederum mindestens 0,50 m über dem Bemessungsgrundwasserstand. An den Wänden der Tröge wurden Lärmschutzelemente mit einer Absorptionsschicht aus Porenbeton angebracht, die Verlängerung des Lärmschutzes bis 30 m in den Tunnel hinein erfolgte mit Aluminiumkassetten. Die Lärmschutzelemente sind gemäß Farbkonzept gestaltet worden. Zur Minderung des Beleuchtungsaufwandes in den Ein- und Ausfahrbereichen des Tunnels wurde auf einer Länge von ca. 100 m als hellster Farbton RAL 7030 für die oberen Elemente vorgesehen. Die Elementfarbe verdunkelt sich dann stufenweise nach innen. Die Portale wurden auf Grundlage des Gestaltungskonzeptes der Arbeitsgruppe Dr.-lng. Kind-Barkauskas, Henry Ripke Architekten und VIC Potsdam gestaltet. Sie werden unter Beibehaltung der Tunnelgeometrie senkrecht ausgebildet. Die Tunneldecke wird im Bereich der Portale leicht nach oben gezogen und schließt mit einem in der Ansichtsfläche um 47,5 Grad nach hinten geneigten und ca. 2m hohen Portalkragen ab. An jedem Tunneleingang wurde ein mechanischer Anprallschutz für die Lichtraumhöhe von 4,70 m angeordnet. Der Anprallschutz ist eine balkenförmige Betonkonstruktion an der Decke des aufgeweiteten Portalblocks. Seitlich der Trogwände wurden Wallschüttungen mit aufgesetzten Lärmschutzwänden ausgebildet, die auch um das Portal herum verlaufen. Auf den innenliegenden Wallbereichen sind bodenbedeckende Bepflanzungen angeordnet. Die Mittelwand des Tunnelquerschnittes wird am Nordportal auf einer Länge von 40 m und am Südportal auf einer Länge von 30 m für die Lüftungstrennung in die Tröge hinein verlängert.

2 Bauwerksentwurf

2.1 Tunnel

Die Gründungssohle des Tunnels liegt im verwitterten bis augewitterten Tonstein, dieser ist für die Flachgründung gut geeignet. Der Tunnel besteht aus 45 Blöcken mit einer Blocklänge von jeweils 10m. Der zweizellige Tunnelquerschnitt ist eine wasserdichte Stahlbetonkonstruktion (WUB-KO) aus Beton C 30/37. Eine bituminöse Abdichtung wurde nur im Bereich der unterführten Straßen angeordnet. Diese ist mit 10 cm Schutzbeton abgedeckt worden. Die Außenwände haben eine Stärke von 90 cm, die innere Trennwand eine Stärke von 80 cm. Mit den oben genannten Nutzbreiten ergibt sich eine Bauwerksbreite von insgesamt 22,60 m. Die Tunneldecke ist auf der Oberseite dachförmig geneigt, sie hat an der Seite eine Dicke von 90 cm und in der Mitte eine Dicke von 1,20 m. Die Tunnelsohle hat an tieferliegenden Fahrbahnseiten eine einheitliche Mindeststärke von 1,20 m. Die Entwässerung der Fahrbahnen erfolgt über Schlitzrinnen, welche ca. alle 50 m an die im Konstruktionsbeton der Sohle verlaufenden Längsentwässerungsleitungen (DN 400) angeschlossen sind. Für jede Fahrbahn ist eine gesonderte Entwässerungsleitung vorhanden. Der Fahrbahnaufbau im Tunnel ist 60 cm dick. An den Tiefpunkten ist im Planum eine mit Filterbeton ummantelte Drainage DN 150 mit Anschluss an die Revisionsschächte der Längsleitung vorhanden.

2.2 Trogbauwerke

Die an den Tunnel anschließenden Trogbauwerke haben im Norden bei einer Länge von 178m 18 Blöcke und im Süden bei einer Länge von138m 14 Blöcke. Die Blocklängen betragen maximal 10 m. Sie wurden ebenfalls als wasserdichte Stahlbetonkonstruktionen (Beton C 30/37) hergestellt. Bei den Trogbauwerken liegt die Gründungssohle teilweise im Hanglehm. Um ein einheitliches Setzungsverhalten zu gewährleisten, wurde dort ein Bodenaustausch mit 50 cm Schotter vorgenommen. Die Außenwände des Troges Nord haben unten eine Dicke von 2,00 m, welche nach oben auf 1,50 m abnimmt. Mit den oben genannten Nutzbreiten ergibt sich eine Bauwerksbreite des Troges von insgesamt 27,50 m. Die Trogsohle hat im Anschluss an das Portal die größte Dicke, sie beträgt hier 2,25 m. Die Dicke der Bodenplatten nimmt in Richtung Trogende mit abnehmender Eintauchtiefe in das Grundwasser ab. Die Bodenplatte hat über die ganze Fahrbahnbreite eine einheitliche Stärke, die Anpassung an die Querneigung erfolgt über einen Gefällebeton, in dem auch die Längsleitungen liegen. Der Trog Süd hat unten 2,00 m und oben 1,50 m dicke Außenwände, seine Gesamtbreite beträgt 27,89 m. Die Ausbildung der Trogsohle erfolgt hier ohne Gefällebeton wie im Tunnel. Der Fahrbahnbelag in den Trogstrecken besteht zur Verbesserung des Lärmschutzes aus offenporigem Asphalt, weshalb hier zur Fahrbahnentwässerung speziell angepasste Schlitzrinnen eingebaut wurden. In den Ein- und Ausfahrtsbereichen erhielt das Bauwerk auf einer Länge von jeweils 35,00 m eine 3,00 m hohe, schallabsorbierende Auskleidung.

2.3 Tunnelausrüstung

Der Tunnel ist mit allen Einrichtungen zur Beleuchtung, Signalisierung, Belüftung und Entrauchung sowie den notwendigen Feuermelde- und Löscheinrichtungen nach den Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) ausgestattet. Die Verkehrszeichenbrücken an den Tunnelenden wurden mit geneigten Stützen (Befestigung auf den Trogwänden) entsprechend dem Gestaltungskonzept ausgebildet. Zur Überwachung und Steuerung dieser Einrichtungen wurde ein eingeschossiges Betriebsgebäude auf dem Tunnel im Bereich der Blöcke 2.21 und 2.22 angeordnet. Das im Grundriss rechteckförmige Gebäude hat Abmessungen von 15,50 m x 22,46 m, bei einer Firsthöhe von 9,12 m und wurde in Stahlbetonbauweise und mit einem hölzernen Dachstuhl hergestellt. Das Gebäude steht auf einer Schicht Ausgleichsbeton C 12/15 direkt auf der Tunneldecke. Am südlichen Tunnelende wurde das Rückhaltebecken angeordnet, welchem das Schmutz- und Regenwasser über eine Sammelleitung DN 500 zugeleitet wird. Über das kombinierte Rückhalte- und Schadstoffbecken mit den erforderlichen Abscheideeinrichtungen wird das anfallende Wasser der Vorflut zugeführt. Das rechteckförmige Becken hat Grundrissabmessungen von 13,80 m x 25,20 m und Wandhöhen von ca. 4 m. Es wurde in Stahlbetonbauweise hergestellt.

3 Bauausführung

Der Tunnel und die beiden Trogbauwerke wurden in offener Bauweise innerhalb einer durchgehenden Baugrube hergestellt. Als Baugrubensicherung kam ein Bühlträgerverbau mit Spritzbetonausfachung (bewehrter Beton C 25/30) zur Anwendung. Die Verbauträger wurden mit Litzenankern in zwei Lagen rückverankert Nach dem lagenweisen Aushub mit entsprechender Herstellung der Spritzbetonausfachung wurden vorlaufend zu den Tunnel- bzw. Trogwänden die Bodenplatten hergestellt. Die Entwässerung der Baugrube erfolgt mittels offener Wasserhaltung. Es wurden vor jeder Verbauwand und in Tunnelmitte Entwässerungsgräben mit Sickerrohrleitungen hergestellt, um den Grundwasserstand unter der Baugrubensohle abzusenken. Diese Entwässerungseinrichtungen wurden nach Fertigstellung des Bauwerkes verpresst, um den natürlichen Grundwasserstand wieder herzustellen. Die Wände und die Decken des Tunnelbauwerkes wurden monolithisch mit Hilfe eines zweizelligen Schalwagens hergestellt, die Trogwände mit einer normalen Schalung. Die Wände aller Bauwerksteile wurden direkt ohne Arbeitsraum gegen die Verbauwände betoniert. Zwischen dem Konstruktionsbeton und den Verbauwänden kam zur Reduzierung der Schwindbehinderung eine Trennfolie zum Einsatz. Die Litzenanker wurden nicht entspannt und sind zusammen mit den Verbauträgern und der Spritzbetonausfachung im Boden verblieben. Die Bauarbeiten am Tunnel begannen im Februar 2012, die Rohbauarbeiten waren im März 2014 abgeschlossen. Die Verkehrsfreigabe des Autobahnabschnittes und des Tunnels erfolgte am 6. Dezember 2018.

 

 

  • Land: Deutschland
  • Region: Nordrhein-Westfalen
  • Tunnelnutzung: Verkehr
  • Nutzungsart: Straßentunnel
  • Auftraggeber: Bundesrepublik Deutschland, BMVI
  • Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung: Landesbetrieb Straßenabu NRW; IMM, Bochum; Dr. Spang, Witten; WTM Engineers, München
  • Ausführende: ARGE: A. Hörnig Bauges. mbH, Aschaffenburg; Stutz GmbH, Kirchheim
  • Bauweise: offen
  • Vortrieb: Deckelbauweise
  • Auskleidung: Ortbeton
  • Anz. Röhren: 1
  • Gesamtlänge: 450 m, Trog Nord: 178 m, Trog Süd: 138 m
  • Lichte Weite: 2 x 10,00 m
  • Herstellkosten: 25,2 Mio. EUR
  • Bauzeit: 3/2012 bis 10/2014
  • Verkehrsfreigabe: 6.12.2018