Tunnel Losenberg, B480n
1. Allgemeines
Der Tunnel Losenberg ist Teil des Ausbaus der Bundesstraße B 480 in Nordrhein-Westfalen. Die B 480 ist eine überregionale Nord-Süd-Verbindung, die von der A 44 in Wünnenberg-Haaren über Brilon, Olsberg, Winterberg, Bad Berieburg verläuft und südlich an der B 62 endet. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens war die vorhandene Ortsdurchfahrt Olsberg stark überlastet und sollte durch eine Ortsumfahrung (B 480n) ersetzt werden. Im Ergebnis der Variantenuntersuchung ergab sich die Neubauvariante mit einer Untertunnelung des Losenbergs als die aus topografischen, verkehrstechnischen, ökologischen und ökonomischen Gründen günstigste Lösung. Mit dem Tunnel waren die Kreisstraße K 15 und ein Wirtschaftsweg zu unterfahren sowie die Auswirkungen auf die unweit der Tunneltrasse vorhandene Wohnbebauung zu berücksichtigen. Für den Tunnel ist eine Verkehrsbelastung von 9.000 Kfz pro Tag prognostiziert.
2. Bauwerksentwurf
2.1 Geologie
Am Tunnelstandort steht unter einer dünnen Mutterbodenschicht zunächst Lehm mit Gesteinsschutt an. Darunter finden sich Tonschiefer und Tonsteine des Devons, die bereits ab einer Tiefe von ca. 2,0 m nahezu unverwittert angetroffen wurden. Aus den Baugrunderkundungen ging hervor, dass der oberflächennah anstehende Fels nur mit Lockerungssprengungen bzw. mit schweren Meißeln zu lösen ist. In Höhe des Tunnels ist kein Grundwasserleiter vorhanden. Mit dem Zutritt von Kluft- und Sickerwasser war zu rechnen.
2.2 Bauwerksgestaltung
Der Tunnel Losenberg ist als Gegenverkehrstunnel mit je einer Richtungsfahrbahn konzipiert. Seine überdeckte Länge beträgt 123,5 m. Auf die Fußpunkte der Portale bezogen weist er eine Länge von 153,5 m auf. Die beiden Fahrstreifen haben eine Breite von je 3,50 m, zuzüglich eines Randstreifens von jeweils 0,25 m. Beidseitig sind 1,00 m breite Notgehwege vorgesehen. Insgesamt beträgt das Lichtraumprofil 9,50 m x 4,50 m. Über der Fahrbahn ist jedoch eine Höhe von 4,70 m einzuhalten. Die Längsneigung im Tunnel beträgt am Nordportal ca. 2 % und steigt bis zum Südportal auf 5 % an. Die Fahrbahn hat vom Nordportal bis etwa in Tunnelmitte eine konstante Querneigung von 4 %. Bis zum Südportal verringert sich die Querneigung kontinuierlich auf etwa 2,5 %. Gemäß Planfeststellung war das Tunnelbauwerk als geschlossener Rahmen in offener Bauweise vorgesehen. Eine während der Entwurfsplanung beauftragte Machbarkeitsuntersuchung zeigte jedoch erhebliche Probleme in Bezug auf den Lärmschutz der Anwohner in der nahe gelegenen Bebauung auf. Der Aushub der Baugrube hätte Lockerungs- Sprengungen, verbunden mit extrem vielen Perforationsbohrungen, erfordert, bei deren Ausführung die Einhaltung von Schallimmissionswerten und Schwingungen nahezu unmöglich gewesen wäre. Für die Herstellung der offenen Baugrube wären außerdem die bauzeitliche Verlegung der Kreisstraße K 15 und die Sperrung eines Wirtschaftsweges erforderlich gewesen. Aus diesen Gründen gab man letztendlich der Herstellung des Tunnels mithilfe eines bergmännischen Vortriebs den Vorzug. Der Tunnel wurde in geschlossener Bauweise als zweischalige Gewölbekonstruktion mit einer Außenschale aus Spritzbeton und einer Innenschale aus wasserundurchlässigem Stahlbeton hergestellt. Die Dicke der Innenschale beträgt im Regelquerschnitt 40 cm. Im Bereich der Unterfahrung der K 15 sowie an den Übergängen zu den Portalen wird sie auf 50 cm erhöht. Der Regelquerschnitt hat eine lichte Breite von 10,80 m. Die Firsthöhe von der Oberkante Fahrbahn bis zur Unterkante der Innenschale beträgt 6,10 m. Die Herstellung erfolgte in der bergmännischen Bauweise in 13 Blöcken von 9,5 m Regellänge. Die Blockfugen wurden als Pressfugen ausgebildet. Der Tunnel hat eine umlaufende Abdichtung aus 3 mm dicken Kunststoffdichtungsbahnen, die an den Blockfugen zu den Portalen endet. Die maximale Überdeckung über dem Tunnel beträgt etwa 10 m. Sie nimmt zu den Portalen hin ab. Die Portale sind in offener Bauweise errichtet und als sogenannte Kragenportale aus wasserundurchlässigem Beton hergestellt.
2.3 Tunnelausstattung
Beleuchtung
Der Tunnel ist mit einer Gegenstrahlbeleuchtung ausgestattet.
Notrufeinrichtungen
An beiden Portalen sind Notrufeinrichtungen vorhanden.
Löschwasserversorgung
Im Tunnel wird eine Löschwasserleitung DN 150 als Trockenleitung geführt. Die Löschwasserversorgung erfolgt aus dem öffentlichen Leitungsnetz mit einem Druck von 5 bar. Etwa 20 m vor jedem Portal befinden sich Unterflurhydranten. Der fehlende Druck wird durch die Geräte der Feuerwehr ausgeglichen.
Entwässerungsanlagen
Die Entwässerungsanlage besteht aus einer Schlitzrinne, durch die das Wasser über Querleitungen und Kontrollschächte zur Tunnellängsentwässerung (DN 300) unter der Fahrbahn gelangt. Von dort führt sie zu einem separaten Havariebecken. Die Größe des Havariebeckens ist auf einen Havariefall mit ca. 72 m3 Löschwasser und 30 m3 Tankinhalt eines Lkw ausgelegt. Die Streckenentwässerung DN 500 wird geschlossen, ohne Zulauf, durch den Tunnel geführt und endet in einem benachbarten Leichtflüssigkeitsabscheider.
Lärmschutz
Aus Gründen des Lärmschutzes ist der Tunnel auf seiner gesamten Länge mit hochabsorbierenden Aluminium-Paneelen verkleidet.
Ein Betriebsgebäude mit Haltebucht befindet sich am Südportal.
3 Bauausführung
3.1 Allgemeines
Im Sommer 2008 wurde mit den Bauarbeiten am Tunnel begonnen. Der Vortrieb wurde fallend von Süden nach Norden gewählt, was aus geotechnischer und baubetrieblicher Sicht eher ungewöhnlich ist. Aber auf diese Weise war es möglich, die Ausbruchmassen aus dem Tunnel im Damm vor dem Südportal einzubauen, ohne dass das Material über das öffentliche Straßennetz transportiert werden musste. Zwei Besonderheiten waren beim bergmännischen Vortrieb zu berücksichtigen. Zum einen war die Kreisstraße K 15 im Abstand von nur 1,50 m von der Tunnelfirste bis zur Oberkante Straße zu unterfahren. Und zum anderen sollte die nahe gelegene Wohnbebauung beim Sprengvortrieb keinen Schaden nehmen.
3.2 Die Unterfahrung der Kreisstraße K 15
Die K 15 kreuzt die Tunneltrasse unweit des Südportals. Da für Bus und Schwerlastverkehr keine Umleitungsstrecke ausgewiesen werden konnte, war das Unterfahren der K 15 unter laufendem Verkehr zu meistern. Der äußerst geringe Abstand von der Tunnelfirste zur Oberkante Straße von 1,50 m erforderte besondere Maßnahmen. Zur Sicherung von Straße und Tunnelquerschnitt wurde von der südlichen Anschlagwand aus ein Rohrschirm, bestehend aus 46 Rohren mit Bohrrohrabständen ^ 30 cm und einer Länge von 20 m, hergestellt. Die Anschlagwand des Tunnels befand sich zu diesem Zeitpunkt nur 2 m entfernt vom Fahrbahnrand der K 15. Nachdem alle Rohre gebohrt waren, war ein kraftschlüssiger Verbund zwischen den Rohren und dem umliegenden Gestein herzustellen. Hierzu wurde eine Zementsuspension vorsichtig in den etwa 2 - 3 mm breiten Ringspalt zwischen Rohr und Bohriochwandung eingepresst. Bei dem sich anschließenden Vortrieb wurde kein weites Vorauseilen der Kalottensohle zugelassen, da der Tunnelquerschnitt möglichst schnell durch Ringschluss der 30 cm dicken Spritzbetonschale gesichert werden sollte. Nach Abschlaglängen der Kalotte von 75 cm wurde die Ortsbrust mit 7 cm Spritzbeton und 12 m langen Ortsbrustankem gesichert. Die K 15 war währenddessen nur halbseitig mit einer Geschwindigkeit von maximal 30 km/h zu befahren, wobei je nach Vortriebsstand der linke oder rechte Fahrstreifen freigegeben war. Um diese kritische Phase des Vortriebs realitätsnah abzubilden, wurde eine 3-D-Finite-Elemente-Simulation vorgenommen. Auf deren Grundlage war eine wirklichkeitsnahe FE-Berechnung möglich, die auch die Wechselwirkungen zwischen Rohrschirm, Ausbruch und Sicherung erfasste und eine Voraussage der maximal zu erwartenden Setzungen ermöglichte. Die während der Ausführung durchgeführten Messungen bestätigten die Berechnungsergebnisse.
3.3 Sprengvortrieb bei naher Bebauung
Der Tunnel Losenberg verläuft in der Nähe von Wohnbebauung. Etwa in Tunnelmitte wird mit einem Abstand von nur 12 m die größte Annäherung erreicht. Der Vortrieb der Tunnelröhren erfolgte im Wesentlichen durch Bohr- und Sprengarbeiten. Zur Vermeidung von Schäden an der vorhandenen Bebauung war bauherrenseitig gefordert, die Einhaltung der Anhaltswerte nach DIN 4150, Teil 3 durch Schwingungsmessungen nachzuweisen. Dazu wurden in allen betroffenen Häusern Geophone mit 3-Komponenten-Gebern zur Messung der Sprengerschütterungen angebracht und Sprengversuche durchgeführt. Die Sprengerschütterungsmessungen wurden kontinuierlich aufgezeichnet und ausgewertet. Dementsprechend erfolgte dann die Festlegung der Lademengen pro Zündzeitstufe. Durch diese Maßnahmen wurde das Ziel, Schäden an Gebäuden zu vermeiden, nahezu erreicht.
Der Tunnel wurde im Dezember 2008 durchschlagen. Die Verkehrsfreigabe erfolgte im Jahr 2010 zusammen mit der Einweihung der Ortsumfahrung B480n.
4. Literatur
[1] Buddenkotte, G.; Werfling, J.; Wittke, W.: Bau des Tunnels Losenberg im Zuge der Ortsumfahrung Olsberg (B 480n), geotechnik 32(2009) Nr. 4
[2] Spang, Christian; Schiller, Mathias: Losenbergtunnel: 3-D Simulation eines Rohrschirmvortriebs
- Region: Olsberg, Nordrhein-Westfalen
- Tunnelnutzung: Straße
- Bauherr: Land NRW vertr. durch den Landesbetrieb Straßenbau NRW
- Planer: WBI Beratende Ingenieure GmbH, Dr. Spang Ingenieurgesellschaft für das Bauwesen, Geologie und Umwelttechnik mbH
- Bauausführung: Alfred Kunz Untertagebau, München
- Gesamtlänge: 123,5 m
- Lichte Weite: 9,5 m
- Kosten: 5,8 Mio. Euro
- Bauzeit: 08/2008 bis 11/2009 (16 Monate)








