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Tunnel Mosel (B93)

1. Aufgabenstellung

Die Bundesstraßen 93 und die 175 erschließen als zugeordnete Bundesstraßen zu den Bundesautobahnen A 4 und A 72 den Wirtschaftsraum zwischen Meerane, Glauchau und Zwickau. Durch die Überlagerung von Durchgangs-, Ziel- und Quellverkehr sind beide Bundesstraßen stark belegt, wobei auf der B93 von Meerane bis Zwickau der Ziel- und Quellverkehr weitaus überwiegt. Die bereits in das Jahr 1977 zurückreichenden Überlegungen, die B 93 aus Zwickau heraus bis zur Bundesautobahn A 4 vierstreifig auszubauen, mündeten im Jahr 1990 schließlich in konkrete Planungsabsichten für den .Neubau der Bundesstraße B 93 Zwickau-Meerane". Ausschlaggebend dafür war die Entscheidung der VW Sachsen GmbH, in Mosel ein neues Automobilwerk zu bauen. Das im Oktober 1991 eingeleitete Planfeststellungsverfahren konnte bereits im Februar 1992 mit dem Planfeststellungsbeschluss abgeschlossen werden.

Parallel zur Planfeststellung liefen die Vorbereitungen für die Ausschreibung des Bauloses C, dem wichtigsten und aufwendigsten Abschnitt der Gesamtmaßnahme, mit Anschluss des VW-Werkes Mosel. In diesem Abschnitt verläuft die Trasse der B 93 zwischen der Wohnbebauung der Gemeinde Mosel und dem VW-Werk mit nur ca. 33 m Abstand zu den Wohnhäusern und dem Kindergarten. Sie kreuzt außerdem die Bahntrasse Zwickau-Dresden.

Aufgrund der vor Lärm zu schützenden anliegenden Bebauung und der kreuzenden Bahntrasse wurde die B93 zwischen der Neubausiedlung und dem VW - Werk in einem Tunnel planfestgestellt, der das aufwendigste und teuerste Bauwerk der gesamten Baumaßnähme B93 ist.

Zuvor waren in einem Lärmschutzgutachten folgende Varianten untersucht worden:

  • Hochstraße
  • offener Trog
  • Trog mit Lärmschutzabdeckungen (Lärmschutztunnel)
  • geschlossener Tunnel.

Hierbei stellte sich heraus, dass ein den Tunnel- Varianten gleichwertiger Lärmschutz bei einer Hoch- Straße auch mit umfangreichen Lärmschutzwänden nicht erzielbar ist. Außerdem erwiesen sich die Tieflagen als kostengünstiger.

Die Entscheidung fiel zugunsten des geschlossenen Tunnels aus wirtschaftlichen und städtebaulichen Gesichtspunkten.

In statischer Hinsicht bietet der geschlossene Querschnitt wirtschaftlichere Möglichkeiten zur Abtragung der Seitendrücke (Grundwasser). Städtebaulich bietet das überschüttete Bauwerk weitaus größere Gestaltungsmöglichkeiten für Geländemodellierung und Bepflanzung.

2. Bauwerksentwurf

2.1 Gradiente und Fahrbahnquerschnitt

Im Bereich des Tunnels Mosel verläuft die Trasse der B93 in einem Bogen R = 600 m, mit anschließender Klothoide A250/200 und daran anschließendem Gegenbogen R = 500 m. Im Aufriss liegt die Trasse in einer Wannenausrundung mit H = 500 m als Übergang gegensinniger Längsneigungen von 1 ,65 % auf 4,5 %. Die B 93 wird vierstreifig errichtet, wobei je Fahrbahn zusätzliche Streifen für Auf- und Abfahrtsspuren hinzukommen, so dass 2 Tunnelröhren mit jeweils 3 Fahrstreifen erforderlich wurden. Die Straße wird im Tunnel mit gleichem Aufbau wie auf der freien Strecke durchgeführt, nämlich mit

  • 4 cm Splittasphaltmastix 0/11 S
  • 8 cm Binderschicht 0/22
  • 18 cm bit. Tragschicht C 0/32 CS
  • i. M 76 cm Frostschutzschicht.

Der Aufbau wurde auf einer Betonausgleichsschicht B25 mit 8 - 28 cm Stärke angeordnet, die das Quergefalle von bis zu 4,5 % aufträgt und an ihrer Oberseite mit Schweißbahnen gemäß ZTV-BEL-B abgedichtet ist.

2.2 Querschnitt und Bauwerkslänge

Jede der beiden Tunnelröhren hat eine Querschnittsbreite von 3 x 3,50 +2x 1,00 +2 x 0,50 = 13,50 m. Aus der lichten Höhe von 4,50 m und mindestens 0,30 m Freiraum für das Unterbringen der Beleuchtung ergibt sich die lichte Rohbauhöhe unter Berücksichtigung von bis zu 4,5 % Quergefälle mit 6,32 m die sich im Schnitt durch die Gradients folgendermaßen zusammensetzt:

  • Freiraum für Beleuchtung i. M.: 0,58m
  • Lichte Profilhöhe: 4,50m
  • Fahrbahnaufbau: 0,12m
  • Tragschicht: 0,18m
  • Frostschutzschicht: 0,76m
  • Betonausgleich i. M.: 0,18m ... 6,32m

In drei hintereinanderliegenden Tunnelblöcken wurde der Freiraum über dem Durchfahrtsprofil um 0,60 m zur Unterbringung von Beschilderungen erhöht.

Die Übergangsblöcke zwischen Normalprofil und Beschilderungsprofil wurden mit linearer Höhenveränderung entworfen. In drei Tunnelblöcken wurde der Tunnelquerschnitt zur Unterbringung von Strahlventilatoren seitlich aufgeweitet.

Die Bauwerkslänge ergibt sich einschließlich der beiden Rampenwannen zu

60 m (Rampe Ost) + 428 m (Tunnel) + 68 m (Rampe West) = 556 m.

Die Fahrbahnen im Tunnel werden über Schlitzrinnen entwässert, die in Abständen von ca. 40 m über Schächte an die durchgehende Längsleitung (DN 300) unter dem Notgehweg angeschlossen sind.

Wegen des Querneigungswechsels innerhalb des Tunnels mußte die Längsentwässerung entsprechend verzogen werden. Am Tunneltiefpunkt werden die Tagwässer in einem Sammelschacht zusammengeführt und über eine Transportleitung (DN 1000) in die Pumpenkammern beim 300 m entfernten Betriebsgebäude geleitet.

2.3 Baugrund- und Grundwasserverhältnisse

In den Rampenbereichen liegt die Sohlenunterkante im pleistozänen Kies. Unter der Tunnelsohle steht überwiegend Rotliegendes an, so daß durchweg eine Flachgründung möglich war. Da das Antreffen von gespanntem Grundwasser in der Gründungsebene nicht auszuschließen war, sah der Entwurf den punktuellen Einbau von Filterschichten vor.

Die Auftriebssicherheit wird beim angetroffenen Grundwasserstand durch das Gewicht des Konstruktionsbetons und des Gradientenausgleichsbetons gewährleistet; der Oberbau war nicht anzusetzen.

2.4 Konstruktion und Herstellung

Der Tunnel wurde als wasserundurchlässige Stahlbetonkonstruktion in B25 mit hohem Frost- und Tausalzwiderstand und max. zulässigen Rissbreiten von 0,15 mm entworfen, wobei der Deckel in Querrichtung mit Vorspannkabeln ohne Verbund teilweise vorzuspannen war. Arbeitsfugen waren in den Regelbereichen nur zwischen Sohle und Wänden zulässig.

Die drei Tunnelblöcke unter der Bahnquerung sind von außen durchgehend mit Bitumendichtungsbahnen (3R 500 N) unter Schutz- bzw. Vorsatzbeton abgedichtet. In den Abschnittsfugen sind bewehrte Neoprenfugenbänder angeordnet.

Der Entwurf sah eine dauernde Grundwasserabsenkung um 2,50 m vor, woraus die Länge der Rampen resultierte. Für die Errichtung des Gesamtbauwerks in offener Baugrube war eine weitergehende temporare GW-Absenkung vorzunehmen. Die Baugrubenwände wurden mit verankerten Schlitzwänden (d = 0,80 m) gesichert. Während der gesamten Bauzeit sollte die Baugrube an der Ostseite abgeschattet werden, um den Wasserzustrom in die Baugrube zu verhindern.

Die Tunnelwände waren nur mit Innenschalung gegen die Schlitzwände zu betonieren, wobei die Gleitmöglichkeit zwischen Tunnel und Schlitzwand durch eine mit Folie abgedeckte Dämmlage aus Hartstyropor sicherzustellen war.

Im Bereich der Bahnquerung wurden Hilfsbrücken für die Erstellung der Tunnelblöcke unter dem Bahnkörper erforderlich. Aus Sicherheitsgründen wurde hier ein seitlicher, anschließend wieder zu verfüllender Arbeitsraum zwischen Baugrubensicherung (Schlitzwand) und Tunnelbauwerk vorgesehen.

2.5 Tunnelausrüstung

Der Tunnel ist mit betriebstechnischen Einrichtungen (Beleuchtung, CO-Meß-Nischen, Strahlventilatoren und Notrufeinrichtung) ausgestattet. Die entsprechenden Leitungen sind in Kabelleerrohren DN 100 geführt, die unter den Notgehwegen in einem Kiesbett verlaufen und zu Übergabeschächten an den Tunnelportalen geführt werden.

3. Bauausführung

Aufgrund eines Nebenangebotes wurde der im Entwurf vorgesehene Baugrubenverbau nicht als Schlitzwand, sondern als wasserdichte Spundwand mit einer Einbindung in das anstehende Rotliegende hergestellt. Um die Spundwandprofile (ARBEDKRUPP PU 20) einrütteln zu können, wurden zunächst überschnittene Bohrungen 0 88 cm niedergebracht, die in den unteren 3 Metern mit einem Bentonit-Sandgemisch, im übrigen Bereich mit Sand aufgefüllt wurden. Parallel hierzu wurde an der Schnittstelle zur Bahntrasse ein Querschott aus Großbohrpfählen errichtet. Nach dem Einbringen und Verankern der Baugrubensicherung für jeweils 1/3 Bauwerkslänge, wurde der Tunnel in seinem Normalbereich vom Bahnkörper ausgehend in östlicher Richtung erstellt. Die 39 jeweils 10 Meter langen Abschnitte wurden mittels eines Schalwagens ohne Arbeitsfugen monolithisch im Wochentakt betoniert. In jedem Abschnitt wurden ca. 900 m3 Beton B25, ca. 901 Betonstahl und ca. 3 Tonnen Spannstahl für die verbundlose Quervorspannung der Fahrbahnplatte verarbeitet

Im Bereich der Bahnquerung wurde der Verbau für die drei Tunnelblöcke aus Bohrpfählen 0 88 cm hergestellt, die gleichzeitig als Auflager für die Hilfsbrücken dienten. Die Tunnelblöcke unter der Bahn wurden konventionell eingeschalt.

Die Tunnelrampen wurden zeitlich verschoben parallel zu den Arbeiten am Tunnel vorangetrieben.

Mit 7 Monaten Nachlauf folgten die Ausbauarbeiten mit Einbringen des Profilbetons, dessen Abdichtung und dem Verlegen der Leerrohre, Bordsteine und Entwässerungsanlagen.

Während der Bauzeit stellte sich heraus, dass eine dauernde Grundwasserabsenkung vermeidbar war. Deshalb wurden die Rampen gegenüber dem Entwurf umgeplant. Sie wurden über den Grundwasser- Spiegel hinaus verlängert und erhöht. Damit ergibt sich eine Rampenlänge Ost von 122 m (statt 60 m) und eine Rampenlänge West von 150 m (statt 68 m), also eine gesamte Bauwerkslänge von 700 m. Zur Auftriebssicherung wurden in der Westrampe an der Bahn Stahlbetonbohrpfähle 0 130 cm eingebracht, die mit der Bodenplatte fest verbunden sind. In den Rampenbereichen erwies sich jeweils ein Pumpen- Schacht für die offene Wasserhaltung als ausreichend.

Im Tunnelbereich wurde das Tagwasser während der Bauzeit zu einem Sammelschacht im Trassentiefstpunkt geleitet und von dort in ein Absetzbecken gepumpt.

Zur Erzielung eines möglichst rissefreien Betons wurde der Zementanteil von 317 kg/m3 PZ 35 F mit 60 kg/m3 Steinkohlenflugasche bei einem WZ = 0,5 aufgefüllt.

Als Betonnachbehandlungsmaßnahme blieb der Schalwagen zur Vermeidung eines übermäßigen Wärmeabflusses nach dem Betonieren für 5 Tage in seiner Position. Der betonierte Abschnitt wurde außerdem zur Vermeidung von Zugluft mit Folien abgehängt.

An den Außenwänden kam eine gedämmte Außen- Schalung zum Einsatz, die Tunneldecke wurde mit Wärmedämmfolien abgedeckt.

In drei Tunnelabschnitten wurden bei extremen Außentemperaturen Kontrollmessungen der Betontemperatur über Wärmefühler vorgenommen, um die Nachbehandlung (ggf. Innenbeheizung) steuern zu können.

Der als „weiße Wanne" ohne Außenabdichtung hergestellte Tunnel wurde mit Erdreich überdeckt und mit einer gefälligen Bepflanzung aus heimischen Gehölzen versehen.

4. Literatur

[1] Straßenbauamt Zwickau: „Neubau der B93 Zwickau - Mosel - Meerane" (Prospekt)

[2] Max Bögl Bauunternehmung: „Neubau der B93 Zwickau - Meerane" (Sonderprospekt)

 

  • Region: Freistaat Sachsen
  • Tunnelnutzung: Straße
  • Bauherr: Freistaat Sachsen vetr. durch das Steaßenbauamt Zwickau
  • Planer: Zierl Consult, Huber u. Partner, BUNG Ingenieure
  • Bauausführung: Max Bögl GmbH, Dürr GmbH
  • Röhren: 1
  • Gesamtlänge: 122 m + 428 m + 150 m
  • Querschnitt: 2 x 93²
  • Kosten: 59 Mio. DM (Rohbau), 6 Mio. DM (BTA)
  • Bauzeit: 07/1992 bis 12/1993 (17 Monate)