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Lärmschutztunnel Dissen, BAB A33

1. Aufgabenstellung

Im Zuge des Neubaus der BAB A 33 Osnabrück - Bielefeld verläuft die Trasse im Bereich der Stadt Dissen sowie der Gemeinde Rothenfelde in geringer Entfernung zu bewohntem Gebiet.

Zum Schutz der anliegenden Wohngebiete vor Schallimmission wurde auf eine Länge von 500 m ein nach oben teiloffener Tunnel mit schallabsorbierender und lichtdurchlässiger Deckenkonstruktion gebaut. Die Einfahrtsstrecken mit Längen von 76,0 m bzw. 124,0 m wurden als offene Trogstrecken ausgeführt.

Die Trasse der BAB verläuft in diesem Bereich in einer Klothoide mit A = 1.000 m mit anschließendem Kreisbogen R = 2.000 m. In Richtung Norden (Osnabrück) setzt bei km 85+082,92 die Fahrbahnaufweitung für die Ausfahrt Erpen an.

Die Gradiente verläuft im Bereich des Troges in einer Wanne mit einem Ausrundungsradius von H^ = 18.000 m. Die anschließenden Gefälleneigungen betragen 1,395 % bzw. 1,077 %. Im südlichen Trogbereich setzt bereits die Ausrundung der nachfolgenden Kuppe mit H = 21.500 m an.

Der Querschnitt entspricht einem Regelquerschnitt im Tunnel 26 Tr mit Fahrspuren von 2 x 3,75 m und einem Standstreifen von 1,50 m. Zu den Außen- und Innenwänden hin sind jeweils 1,0 m breite Notgehwege vorgesehen. Die lichte Weite einer Fahrtrichtung beträgt somit 11,0 m, die lichte Höhe 4,70 m.

Im Verlauf der Trogstrecke sind mehrere Verkehrswege

bzw. Wasserläufe zu über- bzw. unterführen:

  • der umverlegte Lauf des Baches „NollerGraben",
  • die eingleisige Eisenbahnstrecke Osnabrück-Brackwede,
  • die Ortsverbindungsstraße „Bahnhofstraße",
  • ein kommunaler Regenwasserkanal DN 800.

Des Weiteren wurde parallel zum Lärmschutztunnel die Verlegung der Verbindungsstraße L 94/B 68 in einem Trogbauwerk von 170m Länge erforderlich.

2. Bauwerksentwurf

Ziel der Entwurfsbearbeitung war es, einen Lärmschutztunnel zu konzipieren, der sowohl wirtschaftlich herzustellen als auch im nachfolgenden Betrieb kostengünstig zu unterhalten ist.

Die wirtschaftliche Herstellung wurde durch eine konstant gehaltene äußere Querschnittskontur sowie eine Regel-Blocklänge erzielt. Dadurch konnte der Einsatz der Schalungssätze optimiert und ein regelmäßiger Arbeitstakt erreicht werden. Die Lärmschutztunnel Dissen Einteilung der Baumaßnahme in fünf große Bauabschnitte erlaubte eine wiederholte Verwendung des Spundwandverbaus.

Die Maßnahmen zur Unterhaltung des Lärmschutztunnels im Betrieb wurden minimiert. Die durchgehend lichtdurchlässige, teiloffene Deckenkonstruktion sowie die Anordnung von gläsernen Satteldächern in den Adaptionsstrecken ermöglichte den Verzicht auf eine künstliche Beleuchtung. Belüftungs- und Notrufeinrichtungen sind ebenfalls nicht erforderlich. Es verbleiben als zu unterhaltende elektrische Mindestausstattung das Entwässerungspumpwerk sowie eine Sicherheitsbeleuchtung im Tunnelbereich im Abstand von 50 m. Falls die erwartete Selbstreinigung der Glasdachflächen nicht ausreicht, wird eine gelegentliche manuelle Reinigung dieser Glasflächen als Unterhaltungsaufwand anfallen.

Die Einpassung des Bauwerks in die natürliche Umgebung wird durch eine durchgehende bepflanzte Böschung erzielt, die bis 1,50 m unter OK Trogwand außen angefüllt wurde.

Hinzu kommt der begrünte Pflanztrog von i. d. R. 6,30 m Breite, der über jeder Richtungsfahrbahn in die Deckenkonstruktion integriert ist. Im Bereich der Querung der Bahnhofstraße wird die Tunneldecke auf voller Breite bepflanzt und erhält somit den Charakter einer Landschaftsbrücke.

Das Bauwerk wird aus der Entfernung und beim Überqueren im Zuge der Bahnhofstraße nicht als Verkehrsbauwerk dieser Größenordnung wahrgenommen. Die offenen Trogwände erhalten aus schalltechnischen Gründen eine Ziegelverkleidung.

Die Anordnung und Schichtenfolgen wurden unter gestalterischen sowie fahrdynamisch-psychologischen Gesichtspunkten gewählt.

Im oberen Bereich der Trogwände wird ein 1,50 m hohes, vorspringendes Mauerwerksband angeordnet. Die Lagerfugen laufen parallel zur jeweiligen Wandoberkante. Darunter werden die Ziegel bündig zur Trogwandfläche in parallel zur Gradiente verlaufenden Lagerfugen vermauert. Die Tunnelportale erhalten über die ganze Breite einen an der Unterseite konvex ausgerundeten Pflanztrog.

2.1 Lärmschutztunnel

Das Bauwerk wurde als massiver Schwergewichtstrog aus WU-Beton ausgebildet. Die Dicke der Trogsohle ergab sich aus dem Nachweis der Auftriebs- Sicherheit zu 1,20 m Dicke. Die Wanddicken betragen 80 cm.

Das Bauwerk wurde in Längsrichtung in 12-m-Blöcke aufgeteilt, so dass die Schwindverkürzungen gering bleiben und bis auf zwei Ausnahmen keine Sollrissfugen in den aufgehenden Trogwänden erforderlich wurden. Die Blockfugen wurden senkrecht zur Gradiente angeordnet. In den Blockfugen wurden in der Sohle zur Verzahnung zwischen den Blöcken drei Schubnocken angeordnet. Die Nocken sind dabei 30 cm hoch und 20 cm tief.

Die spezielle Schallschutzdecke, welche schallschluckende, durchlaufende Öffnungen über den Seitenstreifen besitzt, hat die Aufgabe, möglichst viel natürliche Helligkeit auf die Fahrbahn zu lenken, um Beleuchtungskosten zu sparen, einen natürlichen Luftaustausch sicherzustellen und den Schall beim Austritt so zu reduzieren, dass die Umgebung möglichst wenig beeinträchtigt gestört wird.

Haupttragelemente der Decke sind 50 cm breite und 75 cm hohe Stahlbetonfertigteilträger, die quer zu den Wänden spannen und dort über unbewehrte Elastomerlager auf Wandkonsolen auflagern.

Die Fertigteilträger sind 11 m lang und weisen einen Abstand von 4 m auf. Sie tragen den so genannten Pflanztrog, der im Querschnitt aus zwei seitlichen 75 cm hohen Betonaufkantungen mit äußerem schrägen Anlauf und der dazwischen liegenden 20 cm dicken Ortbetonplatte besteht. Die Betonplatte dient gleichzeitig als Obergurt der Träger im mittleren Bereich.

Zwischen den Aufkantungen und den Wänden bilden sich dabei die beiden seitlichen längsdurchlaufenden Beleuchtungs- und Belüftungsöffnungen aus.

Der Pflanztrog erhält in jedem zusammenhängenden Abschnitt zwei mittig angeordnete Ablaufe, die jeweils über ein querlaufendes Entwässerungsrohr die Decke entwässern.

In den beiden Einfahrts- und Übergangsbereichen sind aus lichttechnischen Gründen auf jeweils 150 m Länge mittig angeordnete, ca. 3-6 m breite, dachförmige Verglasungen angeordnet. Die 45° geneigten Gläser bestehen aus VSG-Scheiben, die je aus zwei ES-Gläsern aufgebaut sind, wobei die untere Scheibe teilvorgespannt und matt mit bis zu 40 % Transluzenzgrad gestaltet ist. Die tragende Stahlkonstruktion ist verzinkt und beschichtet und ist auf der Betonkonstruktion mit Verbundankern befestigt.

2.2 Schallschutzmaßnahmen

Um zu vermeiden, dass der Verkehrslärm durch die Längsöffnungen den Tunnelinnenraum unvermindert verlässt, sind diese schalldämmend ausgebildet. Die Tunnelwände und die Außenseiten der Aufkantungen sind auf 70 cm Höhe hoch absorbierend mit Mineralwolle gefüllten Alu-Lochblechpaneelen, die weiß beschichtet sind, verkleidet. In die Öffnungen sind jeweils fünf plattenförmige 10 cm dicke und 66 cm hohe Schalldämmlamellen unter 70° geneigt eingesetzt.

Die Schalldämmlamellen bestehen aus hoch absorbierenden, weiß beschichteten, mit Mineralwolle gefüllten Alu-Lochblechkassetten, die im Regelfall über 4 m weit spannen und dort in den Stahlprofilen auf den Betonfertigteilträgern mit Edelstahlprofilen fixiert werden. Die Stahlprofile für die Halterungen der Lamellen sind feuerverzinkt und beschichtet ausgeführt.

2.3 Offene Trogbereiche

Am nördlichen Tunnelende schließt sich eine 76 m lange Trogstrecke und am südlichen Tunnelende eine 124 m lange Trogstrecke an. Im nördlichen Trogbereich verringert sich die Höhenkote der Oberkante der östlichen Außenwand gegenüber dem Tunnelquerschnitt um rund 1,30 m, so dass sich die absolute Höhe der Wand infolge des zusätzlichen Gradientenanstieges von 6,38 m auf 4,02 m verringert.

Die Dicke am Wandkopf wird aus gestalterischen und herstellungstechnischen Gründen mit d = 35 cm konstant gehalten, so dass sich die Wandneigung gegen die Vertikale von 7,1 % auf 10,2 % stetig ändert. Die westliche Außenwand wird nur in der konstruktiv erforderlichen Höhe von 30 cm über dem Bemessungswasserstand bzw. über OK Gehweg ausgeführt.

Im südlichen Trogbereich werden die beiden Oberkanten der Trogwände horizontal geführt, so dass sich die absolute Wandhöhe lediglich aufgrund des Anstieges der Gradiente von 6,38 m auf 5,19 m verringert.

2.4 Überführung der Bahnhofstraße

Die Überführung der Bahnhofstraße ist in die Tunnelkonstruktion integriert.

Die Decke ist massiv mit einer Dicke von 80 cm ausgebildet und biegesteif an die Rahmenwände angeschlossen. Die Stützweiten betragen 2 x 11,80 m. Das Verhältnis Stützweite zu Konstruktionshöhe beträgt l-/h 15, so dass auf eine Vorspannung verzichtet werden konnte.

Die Bahnhofstraße weitet sich im Trogbereich von ca. 7 m Fahrbahnbreite auf ca. 9 m auf.

2.5 Überführung der DB-Strecke

In km 85+038 kreuzt die BAB A 33 die vorhandene eingleisige Bahnstrecke. Wegen der schiefen Kreuzung (Kreuzungswinkel 51,8 gon) und der geringen zur Verfügung stehenden Bauhöhe wurde ein einfacher Trogquerschnitt als Durchlaufsystem gewählt. Die Konstruktionshöhe der Längsträger beträgt 1,50 m, so dass sich bei maximaler Stützweite von 27,0 m eine mäßige Schlankheit von 27/1,5 = 18 ergibt. Zwischen den Längsträgern wurde ein geschlossenes Fahrbahnblech angeordnet, welches gleichzeitig den Obergurt der Querträger und der Längsrippen unter den Schienen bildet.

2.6 Abdichtung

Das Bauwerk wurde durchgehend in wasserundurchlässigem Beton B 25 nach den Bedingungen für B 11-Beton erstellt. Die Abdichtung gegen von außen drückendes Wasser erfolgte in den Blockfugen durch innenliegende Fugenbänder aus Elastomeren. Zur Aufnahme von Bewegungen wurden Fugenbänder mit Mittelschlauch gewählt. Um eine hohe Sicherheit gegen Wasserumläufigkeit zu gewährleisten, wurden nur Fugenbänder mit einvulkanisierten Blechstreifen verwendet.

Die Blockfugen erhielten eine 2 cm starke hydrophobe Fugeneinlage aus Hartschaum. Die Ober- und Unterseiten der Schubnocken erhielten einen Belag aus Gleitfolien, die Stirnseiten wurden mit einem Bitumenanstrich versehen. Alle Arbeitsfugen wurden durch innenliegende Blechstreifen abgedichtet. Die Breite beträgt mind. 250 mm, die Blechstärke mind. 1 mm. Die Stöße mit den Dehnungsfugenbändern wurden wasserdicht verschweißt.

Die Fahrbahnabdichtung wurde gem. Richtz. Dicht 3 ausgeführt. Auf einer Versiegelung und einlagigen Dichtungsschicht aus Bitumenschweißbahn wurde der Belag aufgebracht.

Der Belag wurde in einer Gesamtstärke von 12 cm in Anlehnung an die „Vorläufigen Empfehlungen für die Herstellung von Belägen auf Trog- und Tunnelsohlen aus Beton" mit

  • 4,0 cm Deckschicht aus Splittmastixasphalt,
  • 4,0 cm Zwischenschicht aus Splittmastixasphalt,
  • 3,5 cm Schutzschicht aus Gussasphalt,
  • einlagige Bitumenschweißbahn,
  • Versiegelung

eingebaut.

3. Bauausführung

Mit der Herstellung des Baugrubenverbaus für den dritten Bauabschnitt wurde die Baumaßnahme im Januar 1997 begonnen. Nach Fertigstellung der Wasserhaltungs- und Aushubarbeiten in diesem Abschnitt wurden dann die Betonsohlen und Außenwände in diesem Abschnitt hergestellt. Nach Verfüllung des Arbeitsraumes wurden die Spundwände des 3. Bauabschnittes gezogen und in den 2. Bauabschnitt wieder eingebracht. Nach Fertigstellung des 2. Bauabschnittes wurden dann die langen Spundbohlen erneut gezogen und in den 4. Bauabschnitt wieder eingebracht. Die Arbeiten am 1. und 5. Bauabschnitt (kurze Spundbohlen) verliefen parallel. 

  • Land: Deutschland
  • Region: Niedersachsen
  • Tunnelnutzung: Verkehr
  • Nutzungsart: Autobahntunnel
  • Auftraggeber: Bundesrepublik Deutschland, Niedersächsischen Landesamt für Straßenbau
  • Planer: Lindschulte + Partner, Nordhorn
  • Ausführende: Gebr. Echterhoff GmbH & Co. KG, Philipp Holzmann AG, Heinrich Diekmann GmbH & Co. KG
  • Bauweise: Offen
  • Vortrieb: Baggervortrieb
  • Anz. Röhren: 1
  • Gesamtlänge: 700 m
  • Querschnitt: 51,70 m²
  • Herstellkosten: 56 Mio. DM
  • Bauzeit: Januar 1997 bis Mai 1999
  • Inbetriebnahme: Februar 2001